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Wirtschaftsgeographie im Rahmen einer humangeographischen Forschung, wie wir sie verstehen, nimmt die räumliche Organisation der Ökonomie in den Blick. Dabei interessieren wir uns besonders für die Herstellungsprozesse und Grenzen des „Ökonomischen“. Wie entstehen Märkte und die damit verbundenen „Markt-Plätze“ und „Markt-Räume“? Wie wird etwas zu einer „Ware“ gemacht („kommodifiziert“)? Wie werden Grenzen des Ökonomischen verschoben und wo finden sich Ökonomien jenseits von Märkten? Welche Diskurse und Praktiken bestimmen, was als „wirtschaftlich“ angesehen wird, was als „fair“ gilt oder ethisch gut (z.B. als „nachhaltig“) bewertet wird? Welche Rolle spielen politische Strukturen und Akteure bei der räumlichen Organisation ökonomischer Prozesse auf verschiedenen Maßstabsebenen?
Während üblicherweise die Produktion im Mittelpunkt wirtschaftsgeographischer Forschung steht, fokussiert sich unsere Forschung besonders auf die andere Seite des Wirtschaftslebens, den Konsum. Wir untersuchen, wie sich Konsumwelten mit Produktionswelten verbinden, wie Praktiken des Konsumierens mit Produktions- und Vermarktungsstrukturen zusammenhängen und wie sich Prozesse der Globalisierung und Regionalisierung mit einem Blick auf den alltäglichen Konsum besser verstehen lassen. Schwerpunktmäßig beschäftigen wir uns dabei mit Fragen der Produktion und des Konsums von Lebensmitteln und mit didaktischen Fragen der „Konsumgeographie“ und der „Ernährungsgeographie“.
Wir fokussieren uns dabei vor allem besonders auf die materielle Welt: Vor dem theoretischen Hintergrund von Ansätzen wie der Science and Technology Studies (STS), der Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT), dem New Materialism, der Biopolitics oder Ansätzen der Politischen Ökologie nehmen wir Positionen ein, aus derer wir im „Gesellschaftlichen“ weit mehr als das „Humane“ sehen. Gesellschaft und Wirtschaft bestehen nicht nur aus menschlichen Ideen und Werten, sondern aus Körpern, Dingen, Waren, Infrastrukturen usw., welche die Realisierung von Ideen und Werten überhaupt erst möglich machen. Insofern lassen sich große Teile unserer Forschungen auch den More-than-human Geographies bzw. einer posthumanistischen Forschung zurechnen.
So wird in unsere Forschungsgruppe derzeit z.B. untersucht, wie der Einsatz neuer Technologien in der Land- und Ernährungswirtschaft mit bestimmten ökonomischen Ideologien und politischen Strategien einhergeht, wie Tiere zur Ware „Fleisch“ werden, welche Konsequenzen die Sharing Economy auf die Neuformierung touristischen Praktiken und Destinationen hat, wie sich neuere Entwicklungen der Wissensgesellschaft und der Kreativwirtschaft auf Arbeitsstandorte und die Regionalentwicklung auswirken und wie die Bildung von (mehr oder weniger ökonomischen) Werten auf Immobilienmärkten erfolgt.
Methodisch arbeiten wir vor allem mit qualitativen Methoden der empirischen Sozialforschung. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf visuellen sowie ethnographischen Methoden.
Die regionalen Schwerpunkte unserer Forschungsaktivitäten liegen derzeit im Umfeld der Universität Graz (Stadtregion Graz, ländlicher Raum in der Steiermark, insbes. „Almenland“ und „Steirisches Vulkanland“), in Österreich und Deutschland, in Südosteuropa (insbes. Bulgarien) sowie in Ozeanien.
Laufende Projekte
Abgeschlossene Projekte
- Foodscapes - Ernährung und Region
- Marken(t)räume
- Öko-Netz Bulgarien
- Online Hospitality Networks
- (Un)knowing-Food
Aktuelle Publikationen
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Bruckner, H., A. Colombino and U. Ermann 2019. Naturecultures and the affective (dis)entangelements of happy meat. Agriculture and Human Values 26 (1), 35-47. doi:10.1007/s10460-018-9884-2
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Bruckner, H.K. 2018. Beyond happy meat: Body mapping (dis)connections to animals in alternative food networks. Area 50 (3), 322-330. https://doi.org/10.1111/area.12381
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Bruckner, H.K. and M. Kowasch 2018. Moralizing meat consumption: Bringing food and feeling into education for sustainable development. Policy Futures in Education (Online First), 1-20. https://doi.org/10.1177/1478210318776173
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Colombino, A. 2018. Becoming Eataly: the magic of the mall and the magic of the brand. In: Ermann, U. and K. Hermanik (eds.). Branding the Nation, the Place, the Product. London & New York: Routledge, 61-90.
https://www.routledge.com/Branding-the-Nation-the-Place-the-Product-1st-Edition/Ermann-Hermanik/p/book/9781138228184 -
Colombino, A. and N. Dotti 2018. Knowledge or policymaking: an evolutionary perspective to achieve policy resilience. In: N. Dotti (ed.). Knowledge, Policymaking and Learning for European Cities and Regions. From Research to Practice. Cheltenham: Edward Elgar, 259-272. https://doi.org/10.4337/9781786433640.00032
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Colombino, A. and U. Ermann 2018. Geographers and geographies on the move. Geographische Zeitschrift 106 (1), 2-3.
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Dorn, F. and R. Hafner 2018. Re-primarization revisited: an analysis of decision-making variables in the Argentine soy agribusiness (1993–2015). Sustenabilidade em Debate 9 (2), 14-26. http://periodicos.unb.br/index.php/sust/article/view/16719/15002
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Ermann, U., E. Langthaler, M. Penker and M. Schermer 2018. Agro-Food Studies: Eine Einführung. Vienna: UTB Böhlau.
http://www.utb-shop.de/agro-food-studies-9605.html -
Ermann, U. and K. Hermanik (eds.). 2018. Branding the Nation, the Place, the Product. London & New York: Routledge.
https://www.routledge.com/Branding-the-Nation-the-Place-the-Product-1st-Edition/Ermann-Hermanik/p/book/9781138228184 -
Ermann, U. and K. Hermanik 2018. Introduction. In: Ermann, U. and K. Hermanik (eds.). Branding the Nation, the Place, the Product. London & New York: Routledge, 1-20.
https://www.routledge.com/Branding-the-Nation-the-Place-the-Product-1st-Edition/Ermann-Hermanik/p/book/9781138228184 -
Hafner, R. 2018. Environmental Justice and Soy Agribusiness. Earthscan Food and Agriculture Series. London: Routledge.
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Hafner, R. 2018. handlung | macht | raum Urbane Materialsammler-Kooperativen und ihre Livelihoods-Strategien in Buenos Aires. In: A. Obrecht (ed.). Wissen und Entwicklung III. Texte des Österreichischen Nachwuchspreises für Entwicklungsforschung 2015 und 2017. Innsbruck: Studien Verlag, 126-8. ISBN: 978-3-7065-5915-7.
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Kowasch, M. 2018. Nickel mining in northern New Caledonia – a path to sustainable development? Journal of Geochemical Exploration 194, 280-290. https://doi.org/10.1016/j.gexplo.2018.09.006
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Kowasch, M., C. Fridrich, A. Oberrauch, C. Oesterreicher, L. Pichler and M. Schwendtner 2018. Dekonstruktion des klassischen Konsumansatzes – ein Unterrichtsvorschlag. GW-Unterricht 150 (2), 34-50. doi: 10.1553/gw-unterricht150s34
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Obermayr, C., R. Hafner, W. Widiyanto and M. Coy 2018. International scientific forum on sustainable development goals. Asien 146, 118-9. ISSN: 0721-5231.
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Roelofsen, M. 2018. Exploring the socio-spatial inequalities of Airbnb in Sofia, Bulgaria. Erdkunde 72 (4), 313-327. 10.3112/erdkunde.2018.04.04
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Roelofsen, M. 2018. Performing “home” in the sharing economies of tourism: the Airbnb experience in Sofia, Bulgaria. Fennia – International Journal of Geography 196 (1), 24-42. https://doi.org/10.11143/fennia.66259
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Roelofsen, M. and C. Minca 2018. The Superhost. Biopolitics, home and community in the Airbnb dream-world of global hospitality. Geoforum 91, 170-181. https://doi.org/10.1016/j.geoforum.2018.02.021
Medienberichte und Sonstiges
- Rezension zum Buch „Agro-Food Studies“ in der Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie (Band 62, Heft 3-4). Online erschienen am 02.03.2018 und im Druck am 25.09.2018
- „Spendenaktion für Lombok: Grazer Uni-Professor unterstützt Katastrophenopfer auf Ferieninsel Lombok.“ In: „Kleine Zeitung“. Erschienen am: 30.08.2018
- „Looking for Italy at FICO Eataly World“ - Annalisa Colombina im Interview. Am 18.05.2018.
- „Kritisch und umfassend denken“- Rezension zum Buch „Agro-Food Studies“ in der Zeitschrift „Bäuerliche Zukunft (2/2018)“. Erschienen im 16.05.2018
- Martin Kugler zum Buch „Agro-Food Studies“. In: „Die Presse“. Erschienen am: 13.01.2018
- Rezension zum Buch „Agro-Food Studies“ im Ernährungsmedizin.blog. Online erschienen am 28.12.2017
- Science Award für die Masterarbeit „The National Park Gesäuse Partnership – From resistance to cooperation”. November 2017
- "Forschung im Gästezimmer" Ein Beitrag zum Forschungsprojekt von Maartje Roelofsen in der Zeitung "Die Presse" vom 27.11.2015
- Ulrich Ermann - Eröffnungsvortrag Science Slam Graz 2015: "Grenze" auf Youtube
- Lehrpreis der Universiät Graz für die Exkursion "Migrant_innen in Österreich" (U. Ermann & P. Wlasak)
- "Vom Schreibtisch aufs Podest" - Der Foodscapes Award
- „Gutes Essen, reines Gewissen?“ Erschienen am 07.07.2015
- Rudi-Roth-Preise vergeben. In: “Kleine Zeitung”. Erschienen am 10.06.2015
- Gemeinsam Garteln auf der Uni. In: „Kleine Zeitung“. Erschienen am 28.05.2015
- Wie die Ernährung die Regionen bestimmt. In: Die Woche online: Steiermark / meinbezirk.at. Erschienen am: 25.09.2013
- Berit Uhlmann / Ermann, Ulrich: Tricks der Lebensmittelbranche: Aus der Region – Die neue Goldgrube der Branche. In:“ Süddeutsche Zeitung Online“. Erschienen am: 10.08.2012
Kontakt
Ulrich Ermann
Institut für Geographie und RaumforschungPostadresse:
Heinrichstr. 36
A-8010 Graz
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Geidorfgürtel 21, 2.OG